Rundschreiben 109
Essen, den 6.10.2019
Bericht zur 20. Malawi-Reise vom 20.9. – 1.10.2019 mit vielen Terminen und Stationen, Begegnungen und Erlebnissen
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde und Förderer!
Wir waren 10 Personen auf dem Weg von Blantyre nach Chiradzulu.
Im gemieteten Minibus fuhren die Eheleute Elke und Dr. Rolf Bietmann –
Namensgeber und Hauptsponsoren der Bietmann Junior-Primary, der sie
begleitende Filmemacher Goldbeck, unsere Supervisorinnen Florence Musasa
und Lucy Maunde, unser hervorragender Baumeister Luwin Kantwela, unsere
Kassiererin Eva-Marie Clasen und ich.
Der deutsche Botschafter Jürgen Borsch, mit dem ich schon im April mehrere interessante und erfreuliche Begegnungen hatte, und seine Frau fuhren hinter uns her.
Zunächst ging es zur Matete Junior-Primary. Wir hatten die Freude, den
Erweiterungsbau, die Matete Senior-Primary mit den 4 weiteren Klassen,
zu übergeben. Die Lions Mittelrhein hatten die Komplettierung zur
8-klassigen Primary ermöglicht und dazu auch einen Brunnen spendiert.
Von da ging es nach Ntonda zur Bietmann-Schule. Die vielen Schüler,
Lehrer, Eltern und Officials empfingen unsere „Delegation“ mit großer
Freude und vielen Dankesbekundungen.
Frau und Herr Bietmann waren sehr begeistert von „ihrer“ schönen Schule.
Der Filmemacher hat viele glückliche Gesichter, jubelnde Schüler und die
strahlenden Besucher gefilmt und viele Interviews gemacht. Bin gespannt
auf seinen Film!
Apropos schöne Schule, überall werden von allen Nutzern und Besuchern
Stil und Ausführung unserer Schulen sehr gelobt. Sie seien die schönsten
im ganzen Land.
(Auch wenn es übertrieben sein sollte, es freut mich zu hören!)
Bei aller Freude gab es für mich in Ntonda doch etwas Ärgerliches. Als ich im April die Schule besuchte, waren in der ersten Klasse 97 Schüler statt wie vorgesehen 50. Daraufhin hatte ich vorgeschlagen, die Library auszuräumen und sie zur zweiten 1. Klasse zu machen. Wir haben dafür Schulbänke und Schulbücher für 40 Schüler anliefern lassen, so dass die erste Klasse entlastet werden konnte.
Jetzt aber waren 127 Kinder in der 1. Klasse und in dem neu gewonnenen Klassenraum wurden 33 Schüler eines 5. Schuljahres unterrichtet.Eine Junior-Primary wird üblicherweise für 4 Jahrgänge eingerichtet.Der Schulleiter entschuldigte sich damit, er sei von der Schulbehörde dazu gezwungen worden. Dort wollte man lieber eine 5. Klasse einrichten (wegen der Statistik?!).
Die Eheleute Bietmann überlegen dankenswerterweise, ob sie noch einen Block mit zwei zusätzlichen Klassenräumen finanzieren wollen, damit ein vernünftiger Unterricht in den beiden unteren
Klassen stattfinden kann.
Der nächste Halt war bei der im Bau befindlichen Mubea-Junior Primary in Zalengera. Es war
alles im Lot. Der Dachstuhl sollte gerade gezimmert werden.
Am Nachmittag erreichten wir „unser“ abc-Schulzentrum in Mpemba.
Sie erinnern sich vielleicht: der große Sturm und die gewaltigen Regenfluten hatten die 76 Häuser
in der Umgebung der Schulen weggeschwemmt. Wir hatten im April gesammelt und konnten 800
Zentner Zement für den Wiederaufbau und 80 Zentner Mais liefern lassen. Wir haben die neuen
Häuser besichtigt. Sie waren von na ja bis sehr gelungen in Gemeinschaftsarbeit aufgebaut
worden.
Jetzt konnten wir auf Wunsch der Familien 80 Wolldecken, 2x2 Meter groß – Made in Malawi –
verteilen. Ich habe 3 oder 4 symbolisch ausgehändigt. Dabei kniete sich eine ältere Frau hin. Sehr
peinlich für mich! Ich musste schon öfter in diesem Land sagen: „Knien Sie nie vor einem anderen
Menschen!“. Hinterher stellte sich heraus, dass diese Frau noch nie in ihrem Leben eine Decke
besessen hat.
Die Preschool, Primary und Secondary sind in Schuss, die Photovoltaik und die Wasserleitungen
funktionieren, 125 Hühner sind im Stall!
Anlässlich des 35-jährigen Bestehens der abc-Gesellschaft haben wir unter großer Anteilnahme
und Hilfe der Anwohner auf dem Schulgelände 35 Mangobäume gepflanzt, für jedes Jahr ein
Bäumchen. Nach drei Jahren sollen die ersten Früchte reif werden und den Kindern in der
Preschool beim täglichen Mittagessen schmecken. Nahrungsergänzungsmittel!
Abends erzählte ich Frau und Herrn Bietmann von den Mobile Training Labs, dem Projekt für die
berufliche Qualifizierung, das ich mit Minister Fabiano und Festo arrangiert hatte. Sie erinnern
sich vielleicht. Dr. Imani und ich hatten am 4.4.19 ein Meeting mit Präsident Mutharika und vier
involvierten Ministern zu dem Thema. Die abc-Ges. sollte das dringend von allen gewünschte
Container-Projekt bei der dt. Regierung zur Finanzierung einreichen. Botschafter Borsch hat sich
sehr dafür eingesetzt.
Das BMZ hatte sehr viele Regularien, die sich als echte Hürden darstellten. So sollte u.a. die abc-Gesellschaft 25% Eigenanteil vom Gesamtpreis von 500 000 € aufbringen. Ich hatte ohnehin nicht verstanden, warum der Weg über uns gehen sollte, statt von Regierung zu Regierung. Ich habe daraufhin viele nationale und internationale Versuche gestartet – Sequa, Unido, US-Aid u.a.m. Antwort
offen.
Dr. Bietmann, langjähriges MdB und Chef einer Anwaltskanzlei mit 48 Anwälten, wird Mitte des Monats die zuständige Staatssekretärin dazu ansprechen. Daumen drücken. Das Projekt ist zu erfolgversprechend, um es zu begraben.
Am anderen Tag fuhren Bietmanns schon wieder nach Hause. Zeitmangel!
Schade, Malawi hat nicht nur den berühmten, 600 km langen Malawi-See sondern auch Tierparks
zu bieten.
Wir machten uns auf beschwerliche Fahrten auf nach Chikumbu und nach Chiguma.
Die Chikumbu–Primary war ja schon im August eingeweiht worden. Frau Anja Hirschmann
hat zusätzlich zwei sehr schöne Lehrerhäuser für vier Lehrer-Familien und einen Brunnen bauen
lassen. Dort war alles in Butter.
In Chiguma war der Rohbau wie geplant fertig und auch der Brunnen.
Sie kennen ja den Begriff Baumschule. Dieser hat dort eine andere Bedeutung, nämlich Schule
unter Bäumen. Unter mehreren Bäumen standen die Lehrer neben einer kleinen Tafel vor ihren
auf der Erde oder Steinen sitzenden Schülern. Man kann das idyllisch nennen – aber in der
Hitzeperiode oder der Regenzeit.....?!
Jedenfalls sind alle froh und glücklich, in zwei Monaten in die neue abc-Chiguma-Primary einzuziehen.
Abends besuchte uns Prof. Fabiano mit seiner Tochter, die gerade Ärztin geworden ist. Fabiano
hat durch die Wahlen im Mai seinen Parlamentssitz und sein Außenministeramt verloren.
Die einflussreichen Chiefs in seinem Wahlbezirk hätten es geschafft, einen der ihren durchzubringen. Er arbeitet jetzt für im Auftrag der Regierung für die Ansiedlung internationaler Firmen.
Die Wahlen im Mai brachten einige Unregelmäßigkeiten, die zu massiven Protesten führten.
Botschafter Borsch sagte, es wären sehr geringe Abweichungen bei der Auszählung entstanden.
Auch die vielen Wahlbeobachter haben bestätigt, dass die Wahl korrekt vorbereitet und durchgeführt wurde.
Am folgenden Tag fuhren wir über endlose und schlechte Pisten nach Phalombe zur Einweihung
der Mubea Primary, der ersten von zwei Schulen, die die Mubea helps foundation finanziert.
Wir haben die Schule für 200 Schüler gebaut. Als wir vor der Schule ankamen, halten Sie sich
fest, quollen 1085 Schüler! aus den 4 Klassenräumen und der Library. Wir waren erschlagen!
Der Schulleiter: “Was sollte ich machen, wen zurückweisen, wenn tausende Eltern mit ihren
Kindern vor mir stehen. Im Umkreis von 20 km gibt es keine Schule!“
Ich sagte dem Division Education Manager, er solle Präsident Mutharika einladen, hierher zu
kommen, um sich das anzusehen. Er sagte, 1. er komme nicht und 2, wenn doch, würde das
nichts ändern! Und ob wir hier eine zweite Schule bauen könnten.
Trotzdem, die Einweihungsfeier war ungeheuerlich. Ein Tänzer und Sänger war eingeladen.
Er brachte in jedem Klassenraum über 200 Schüler zu herrlichen, rhythmischen Gesängen und
zu artistischen Tänzen auf dem Schulhof. Der Mann war sein Geld wert. Er verbreitete beste
Stimmung und viel Freude! So was hatte ich noch nicht erlebt!
Er begleitete uns auf dem weiteren Weg zur Besichtigung von zwei Bauplätzen für 2020:
z.B. für die Initiative von Carmen Mercedes, einer Influencerin auf YouTube.
Auch dort brachte er die Chiefs, die Anwohner und Officials mitten auf den Feldern und Wiesen
zu virtuosen Tänzen. Wir standen steif daneben.
Am Folgetag fuhren Frau Clasen, unser Baumeister und ich nach Norden - über Lilongwe nach
Salima. Dort trafen wir aus einem ganz besonderen Anlass den ehem. Arbeitsminister Prof.
Tembenu und einen neuen Helfer Elijah Mkomo.
Die Meutsch-Stiftung Fly and help, der wir sehr zu Dank verpflichtet sind, weil sie uns in den
letzten drei Jahren viel Geld von Sponsoren zur Verfügung stellte, hat uns die Anfrage eines
Hotelkonsortiums weitergeleitet.
Der Plan: es sollten zuerst zwei Primarschulen, dann eine Sekundarschule gebaut werden. Wenn
die gut funktionieren, soll ein Hotel- und Tourismus-College mit einem Studentenwohnhaus
entstehen. Die Absolventen der beiden Primaries könnten in die Secondary wechseln, deren
Absolventen in das College gehen. Dazu Absolventen anderer Secondaries. Guter Plan!
Ich hatte Salima, eine Stadt mit 65 000 Einwohnern in der Mitte des Landes vorgeschlagen.
Salima liegt etwa 15 km weit vom Malawi-See entfernt, dort wurden und werden viele kleine
und mittlere Lodges und Hotels gebaut, die einen großen Fachkräftebedarf haben.
Wir hatten uns tags zuvor in Blantyre im „Malawi Tourism Institute“ sachkundig gemacht und
viele Informationen und die Bereitschaft der Zusammenarbeit eingeholt.
Unser neuer Supervisor, Herr Mkomo hatte in der Umgebung mit mehreren Chiefs Besichtigungen von 3 mal 3 Bauplätzen vorbereitet. Sie waren aus mancherlei Gründen alle unzweckmäßig.
Sie sollen in fußläufig erreichbarer Nähe zueinander liegen.
Ein gute Bekannte, Frau Evelyn Bleckmann aus Deutschland, die in der Gegend eine private
Schule betreibt, machte uns auf Kantchenche in Seenähe aufmerksam. Dort trafen wir einen
weiblichen Chief, Frau F. Kudzobwe, die uns drei passende Schulgrundstücke in bester Lage
kostenlos anbot. Das evtl. zu bauende College und ein Hostel könnte dann zwischen den Schulen
in Kantchenche und Salima errichtet werden. Wirklich tolle Möglichkeiten.
Ein alter Freund hat bei Westermann auf seine Kosten 12 Schul-Wandkarten in englischer
Sprache herstellen lassen: 2 Welt- und 10 Afrika-Karten. So konnten wir jeder Schule eine
Karte mitbringen und haben noch einige übrig für die Bauten im nächsten Jahr.
Vielen Dank, Peter Kniep!
Sehr geehrte Damen und Herren, drücken Sie die Daumen, dass die Pläne umgesetzt werden
können. Das Wichtigste für Malawi ist Bildung. Wir können einen kleinen Beitrag dazu leisten.
18 Schulen haben wir in diesem Land mit Ihrer großen Hilfe schon gebaut, immerhin!
Herzlichen Dank!
Alles Gute für Sie und Ihre Lieben!
Ihr
F.-J. Kuhn
Vorsitzender
Impressionen
[Grüße aus Malawi September 2019 ...]